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Temperaturüberwachung von klinischen Studien – Fokus Direct-to-Patient

Dieser Blogbeitrag ist eine Zusammenfassung des Whitepapers von Esther Sadler-Williams (Managing Director von SIMPLYESW), Nimer Yusef (CEO von GxP brain), Gary Cunnington (Head of Business Consultancy der Clinical Trial Supply Unit von Boehringer Ingelheim), Samantha Carmichael (Lead Pharmacist R&D/Clinical Trials bei NHS Greater Glasgow und Clyde), Rebecca Stanbrook (Global Head Compliance und Regulatory Affairs Quality von Novartis) and Martin Peter (Head of Strategy von ELPRO). Das ganze White Paper steht am Ende des Artikels zum Download bereit.

Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in diesem Bericht oft nur die männliche Sprachform verwendet. Selbstverständlich gilt diese sinngemäss auch für weibliche Personen.

Neue Trends verändern die Supply Chain von klinischen Studien

Die Lieferkette von klinischen Prüfpräparaten (englisch: Investigational Medicinal Products = IMP's) ist komplex. Die Zeitspanne von der Entwicklung und Verpackung eines Kits (englisch: Clinical Kit) bis zur Ankunft beim Patienten kann mehrere Monate beanspruchen. Nach dem Verpacken bewegt sich das Kit durch verschiedene Stationen: vom Vertragshersteller (englisch: Contract Manufacturing Organisations = CMO), über Distributionszentren und Logistikdienstleister(englisch: Logistics Service Providers = LSP's) bis hin zum klinischen Prüfzentrum. Die Lieferkette umfasst in der Regel verschiedene Länder, mehrere Transportwege und viele Tage und Monate, in denen das Produkt in unterschiedlichen Lagerhäusern auf Regalen liegt. Temperaturabweichungen entlang dieser komplexen Lieferkette zu erfassen und zusammenzutragen, ist fast unmöglich. Aber dennoch extrem wichtig.

Personalisierte Medizin und Gentherapien sind die Zukunft der Medikamentenentwicklung. Hinzu kommt, dass der «Stimme des Patienten» bei klinischen Studien immer mehr Gehör geschenkt wird. Und die Wünsche der Patienten sind eindeutig: Einfacher, bequemer, «virtueller» (weniger Klinikbesuche, mehr elektronische Kommunikation) und weniger Reisen. Wir erwarten darum einen klaren Anstieg bei «Direct-to-Patient-Lieferungen» (DtP) und damit eine Zunahme der Herausforderungen im Bereich der Lieferkette von klinischen Prüfpräparaten.

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Das Stabilitätsbudget definiert zusätzlich zu den idealen Transport- und Lagerbedingungen ein Budget für akzeptable Abweichungen über und/oder unter dem «Ideal»; noch bevor das Produkt die Stabilität verliert. Dieses Stabilitätsbudget wird vom Produkteigner mittels verschiedener Stabilitätsstudien erarbeitet. Dabei werden relevante Informationen aus Temperaturstudien mit verfügbaren Daten aus den Stabilitätsprüfungen kombiniert. So werden die Anzahl Stunden definiert, in denen sich ein Produkt ausserhalb der aufgedruckten Lagerbedingungen aufhalten darf, ohne dabei die Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit zu beeinträchtigen. Da sich ein Kit während seines Lebenszyklus durch verschiedene Phasen der klinischen Lieferkette bewegt, können Teile dieses Budgets durch kleinere Temperaturschwankungen aufgebraucht werden. Zum Beispiel bei der Herstellung und Verpackung, aber auch während der Verladung und Entladung an Transitpunkten.

Bereits in einer «klassischen Lieferkette» ist es schwierig, das Stabilitätsbudget (englisch: Remaining Stability Budget = RSB) aktuell zu halten. Je mehr Übergabepunkte, desto höher sind Risiko und Komplexität: Es wird enorm schwierig, über die Temperaturabweichungen und das RSB Buch zu führen. Heute geschieht das oft manuell auf Papier oder auf Excel-Basis: Batch-Nachweis einstellen, geplante Temperaturabweichungen erfassen und zusätzlich ungeplante Temperaturabweichungen abziehen. Aber was geschieht, wenn ein Batch in der Lieferkette aufgeteilt wird? Dieser manuelle Prozess wird so nicht nur zu einer zeitaufwändigen und teuren Fleissarbeit, sondern stellt auch einen sehr fragilen und fehleranfälligen Prozess dar, was dessen Qualität in Frage stellt.

Weitere Infomationen über die grundlegenden Komponenten zur Aufstellung und Verwendung eines Stabilitätsbudgets finden Sie diesem Blog-Beitrag.

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Illustration: Lieferketten von IMP's (Investigational Medicinal Product)

Verglichen mit normalen Vor-Ort- oder Depot-Lieferungen ist die durchschnittliche Grösse einer DTP-Lieferung naturgemäss sehr klein (zum Beispiel ein einzelnes Kit). Handelsübliche Datenlogger sind konstruiert für grössere Lieferungen von einer Palette oder einer Versandbox, aber nicht dafür geeignet, ein einzelnes Kit zu überwachen.

Bekommen Patienten die Sendung nach Hause geliefert, braucht es bei der Übergabe einen Datenlogger, der den Temperatur-Status (einschliesslich das RSB) dokumentiert. Die Verantwortlichkeit und der Prozess für die Aufzeichnung des Produktstatus muss bei der Übergabe klar geregelt sein. Idealerweise ist der «Bote» (zum Beispiel der Studienassistent) auf diesen Prozess geschult. Die Tools sollten möglichst einfach und intuitiv zu bedienen sein und idealerweise ermöglichen, den Status zu dokumentieren: Das IMP ist OK für die Verwendung.

Im heutigen, elektronischen Zeitalter spielen IRT-Systeme (englisch: Interactive Response Technology) eine entscheidende Rolle beim Management und bei der Überwachung von Studien – einschliesslich Standort, Verfügbarkeit und Status von IMP's. Kann das IRT verwendet werden, um DTP-Lieferungen zu überwachen? Wie funktioniert das Update? Was kann vom Patienten erwartet werden?

Zwei Monitoring-Optionen

Temperaturen entlang der Lieferkette von IMP’s bis hin zum Patienten (und sogar während der Lagerung daheim) zu überwachen ist wichtig – aber extrem anspruchsvoll. Es gibt zwei fundamental unterschiedliche Herangehensweisen, um das RSB zu bewirtschaften: «Messen und Zusammensetzen» vs. «Life-Time-/Kit-Level-Indikator».

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Illustration: Zwei Optionen von Temperatur-Monitoring

«Messen und Zusammensetzen»: Option A ist das, was die meisten Firmen heute tun – zumindest teilweise. Abhängig von der Studie und den jeweiligen Vereinbarungen mit CRO/CMO’s, kann die Verantwortung für das Temperatur-Monitoring unterschiedlich verteilt sein. Lieferungen an Depots und direkt zum klinischen Zentrum werden normalerweise mit Temperatur-Datenloggern überwacht – zumindest so weit, bis das IMP dem klinischen Prüfzentrum (oder dem Patienten) übergeben wird. Aber wie werden die Puzzleteile zusammengesetzt?

Nehmen wir an, dass eine grosse Menge an Kits in mehreren grossen Containern zum Depot transportiert wurde. In einem dieser Container gab es während des Transports eine signifikante Temperaturabweichung. Nachdem die Produkte im Depot umgepackt und gemeinsam mit anderen IMP's zum klinischen Zentrum weitergeliefert wurden, kam es erneut zu einer Temperaturabweichung. Wie können diese beiden Abweichungen kombiniert werden? Auch wenn die Datenlogger der beiden Transporte vom gleichen Hersteller stammen: Ist die Information verfügbar, welches Kit in welchem Container war? Sind die zwei Temperaturkurven im gleichen System gespeichert? Für Sponsoren ist es Alltag, dass verschiedene Puzzleteile auf Papier und in Excel-Sheets mühsam zusammengetragen werden müssen.

Ein «Life-Time-/Kit-Level-Indikator» der den ganzen Lebenszyklus eines Medikamentes abdeckt ist eine grundlegend anderer Lösungsansatz (Option B). Jedes Kit wird mit einem individuellen Temperatur-Indikator ausgerüstet, der die Temperatur während des ganzen Lebenszyklus von der Verpackung und Etikettierung bis hin zur Verwendung beim Patienten zu Hause überwacht. Für einige der vorher ausgeführten Logistikszenarien von klinischen Studien (zum Beispiel DTP, aber auch die Lagerung beim Patienten zu Hause) kann diese Option einen wertvollen Beitrag zu einem lückenlosen Temperatur-Monitoring leisten.

Die Rolle des IRT

IRT-Systeme führen die Randomisierung durch und sind für die Verwaltung der Prüfpräparate in klinischen Zentren zuständig. Diese Systeme kennen normalerweise den Status jedes Kits entlang der gesamten Lieferkette. Wenn ein Kit beschädigt wird oder sein gesamtes Stabilitätsbudget verloren hat, wird dieser Status im System geändert. Um dies möglich zu machen ist es unumgänglich, die Geräte-ID des elektronischen Indikators mit der Kit-ID im IRT «zu verheiraten». Wie in der Illustration unten gezeigt, könnte dies durch ein Scan der Datenmatrix bereits während dem Verpackungsprozess gemacht werden. Sobald die Verlinkung zwischen Gerät und Kit besteht, lassen sich Informationen einfach und jederzeit auszutauschen und den Status im IRT nachführen - ohne zusätzlichen administrativen Aufwand. Eine Smartphone-App ermöglicht es, jederzeit zusätzliche Sicherheitsüberprüfungen durchzuführen und die Information dem Studienteam zur Verfügung zu stellen.

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Illustration: Integration eines elektronischen Indikators mit einem IRT

Zusammenfassung

In den vergangenen Jahren hat die Industrie die temperaturgeführten Massentransporte mit validierten Transportbehältnissen und ausgeklügelten Monitoring-Systemen perfektioniert. Aber in Zeiten, in denen Patienten gegenüber klinischen Studien immer kritischer eingestellt sind und gleichzeitig mehr Service verlangen, müssen neue Wege beschritten werden, um klinisches Prüfmaterial zum Patienten zu bringen. Die Patienten werden immer geübter im Umgang mit elektronischen Medien und so eröffnen sich dank dem Einsatz von modernen Technologien neue Wege für DTP-Lieferungen.

Die klinische Lieferkette ist lang und komplex. DTP-Lieferungen bringen neben zusätzlichen Herausforderungen auch neue Chancen mit sich; für Sponsoren, klinische Zentren und nicht zuletzt für die Patienten. Bereits heute sind Technologien verfügbar, mit denen diese Herausforderungen gemeistert werden können und um sich die Vorteile zunutze zu machen – im Temperatur-Monitoring, bei mobilen Applikationen und bei der Integration ins IRT. Um die Prozesse für die Benutzer sicher, effizient und einfach zu machen braucht es intuitive Werkzeuge, klare SOP’s (englisch: Standard Operating Procedure) und Training.

Das vollständige Whitepaper wurde im Online-Magazin von «Applied Clinical Trials», QUASAR Impact Issue #147 2019, am 6. März 2019 zum ersten Mal veröffentlicht und kann hier als PDF-Datei heruntergeladen werden.

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